Die Authentizität von Führung

Hin und wieder treibe ich mich auf Sportseiten im Internet herum. Vom Sport, insbesondere vom Teamsport, kann man übrigens sehr viel zum Thema Führung lernen. Der Trainer einer Mannschaft hat ziemlich gleiche Aufgaben wie der Vorgesetzte eines Teams. Er muss die Mannschaft richtig zusammensetzen, d.h. aufstellen. Er muss die Stärken seiner Spieler*innen entwickeln. Er muss die richtige Strategie vorgeben. Er muss effizient kommunizieren, etc. pp. 

Auf Sport.de las ich nun in einem Artikel über den neuen Dortmunder Cheftrainer Nuri Sahin folgendes:

Als er 2021 seinen ersten Cheftrainerposten in der Türkei übernahm, holte er sich quasi das „OK“ von Jürgen Klopp ab, der ihn, den Spieler Nuri Sahin, als damaliger Trainer von Borussia Dortmund sehr stark gefördert hat. Einen Ratschlag von Klopp aus dem damaligen Telefonat habe er bis heute verinnerlicht: „Dann sagte er: ‚Nuri, du bist ein guter Mensch. Ich gebe dir folgenden Rat: Verstell dich nicht! Das ist so anstrengend!‘ Dafür bin ich ihm fast jeden Tag dankbar.“

Diese Aussage von Jürgen Klopp finde ich aus 2 Gründen überaus schön. Ein guter Mensch zu sein, wird von vielen, auch auf sich selbst bezogen, deutlich unter Wert gehandelt. Gerade Menschen mit Selbstzweifeln, bezogen auf ihre Job Performance, reagieren oft sehr überrascht, aber auch sehr positiv darauf, wenn man ihnen sagt, dass sie in allererster Linie mal gute Menschen sind. Ich frage mich schon des Öfteren, warum das in der heutigen Zeit so wenig Bedeutung hat. Warum reicht es nicht mehr, ein guter Mensch zu sein? Es braucht das Besondere, das Außergewöhnliche. Gut ist oftmals nicht gut genug. Gut ist der kleine Sidekick vom Besten. 

Der zweite Aspekt in der Aussage von Jürgen Klopp, der für Führungskräfte eine große Relevanz haben sollte, ist der des sich nicht Verstellens. Es wird viel über Authentizität gesprochen, Glaubwürdigkeit, Aufbau von Vertrauen, auch von Verlässlichkeit und Ehrlichkeit. Wenn man Mitarbeitende fragen würde, ob das für sie wichtige Eigenschaften ihrer Vorgesetzten sind, wird die Antwort mit großer Wahrscheinlichkeit ja sein. Und Jürgen Klopp hat Recht, eine Fassade aufrecht zu erhalten, kostet viel zu viel Energie. Zudem sind die Mitarbeitenden nicht dumm und kommen meist sehr schnell dahinter. Das dann wieder einzufangen, kostet noch sehr viel mehr Energie.

Führungskräfte dürfen sehr wohl über ihren Energieeinsatz nachdenken. Von ihnen wird in der Regel viel verlangt, ein guter Umgang mit den eigenen Ressourcen ist daher durchaus angebracht. Natürlich braucht es für eine Führungskraft spezielle Fähigkeiten zur Führung, es braucht Handwerkszeug, es braucht Empathie. Wenn man dann noch ein guter Mensch ist, kann schon gar nicht mehr so viel schief gehen.

Weitere Beiträge